Woyzeck7.jpg
WOYZECK
Als ihre Abschlussarbeit präsentieren fünf Studenten der Theaterakademie Mannheim Georg Büchners "Woyzeck" im Theater Felina-Areal. Konstanze Kappenstein hat den Text passgenau für die Darsteller bearbeitet und in einer Mischung aus existentieller Anklage und sozialkritischer Milieustudie in die Gegenwart versetzt. Vier Aktionsorte sind wie Inseln auf der Spielfläche verteilt. (...) Ivona Puseljic als Frau Doktor stöckelt in schwarzen Strümpfen auf hochhackigen roten Pumps um ein Krankenhausbett. Unter einer Schwesternhaube fallen dicke blonde Strähnen herab. Ihre Experimentierlust ist finster und sexistisch. Susan Weckauf in fetzigen Klamotten betreibt als Käthe - bei Büchner eine Randfigur mit dramatisch anderer Funktion - einen Laden und sehnt sich nach Paris. Nicolas Menze ist im Zusammenschnitt von Tambourmajor und Hauptmann ein Unternehmer mit Texashut und Machogehabe, ein selbstgefälliger Menschenschinder. Elisabeth Schlicksupp als Marie zerrt einen Kinderwagen herum und fläzt sich aufs Sofa. Zwischen diesen vier Stationen irrlichtert ein Woyzeck, der nirgends richtig hingehört. Daniel Baczyk gibt ihn als lieben, eifrigen und verstörten Jungen. Unheimliche Kräfte gewinnen Macht über ihn, bis er nicht mehr anders kann, als den einzigen Menschen auf Erden zu töten, an dem er tatsächlich hängt. Er tut dies beklemmend drastisch. Büchners szenisch kaum darzustellender See wird dabei zu einem flachen mit Wasser gefüllten Becken und das rasch zustechende Messer zu einem langen Ringen in Todesangst. Die ins Heutige geholte Beziehung zwischen Woyzeck und Marie ist das Herzstück der Inszenierung und auch der Teil, wo Originaltext, Bearbeitung und Darsteller am besten zusammenpassen. Der Woyzeck des Daniel Baczyk ist ein Gehetzter. Er trägt Pakete aus und wird vom Chef zynisch heruntergemacht. Er unterwirft sich der Ärztin für ihr zwielichtiges Erbsen-Experiment. Alles nus, um ein paar Kröten zu verdienen, die er seiner Marie bringen kann. Die ist ein misslauniger Teenie, hängt herum, kauft statt zu kochen die immergleichen Konserven. Auf dem Rummelplatz lässt sich Wiyzeck sein sauer verdientes Geld aus der Tasche ziehen und Marie vom Macho- Unternehmer verführen. Der hat es eigentlich mit der Ärztin und zieht zum Schluss mit dieser auch davon. Da ist Marie schon tot, auch ihr Kind, das sie vernachlässigt hat, lebt nicht mehr. Nur Woyzeck lebt noch, obwohl auch er innerlich längst tot ist. DIE RHEINPFALZ
Abschlussinszenierung des 4. Schauspieljahrgangs der Theaterakademie Mannheim
Premiere 19. Februar 2010 | Georg Büchner | Felina Theater Mannheim
(...) Eigentlich gehört der Autor zu jenen Schreibern, die unser Leben mit großen Fragezeichen attackieren. Immerzu will er wissen, "was in uns lügt, hurt, stiehlt und mordet". Die Antwort bei ihm ist eindeutig: Uns prägt das soziale Umfeld. Wir werden hineingeboren und sind darin auswegslos verstrickt. Konstanze Kappenstein hat diese Ausweglosigkeit vital, aber auch etwas oberflächlich in die Jetztzeit einer Familientragödie übersetzt. (...) Die Inszenierung bietet den jungen Darstellern eine solide Plattform, um Geschichten zu erzählen vom gar nicht so herrlichen Leben. (...) Nicolas Menze imponiert gleich in mehreren Rollen, ein schneidiger Typ, der als Tambourmajor zu wissen glaubt, wo's lang geht, ein Macho aber auch, dem die Lächerlichkeit des Eitlen nicht fremd ist. Wunderbar sein Auftritt als Jahrmarktschreier in der Kirmesszene. (...) MANNHEIMER MORGEN
BEARBEITUNG & REGIE WOYZECK MARIE KÄTHE DOKTORIN TAMBOURMAJOR
Konstanze Kappenstein Daniel Baczyk Elisabeth Schlicksupp Susan Weckauf Ivona Puseljic Nicolas Menze