VOM LÖWEN DER NICHT SCHREIBEN KONNTE
Martin Baltscheit | Premiere 22. November 2015 | Junges Theater Bonn | Kuppelsaal Metropol
Der König ist auch nur ein Mensch.
Das ist ja ein schöner Löwe: Majestätisch aussehen tut er, brüllen kann er, aber
schreiben? Wozu braucht der König der Tiere denn so etwas? Spätestens als er eines
Tages eine liebreizende Löwendame in seiner Nachbarschaft entdeckt, wird ihm
schmerzlich bewusst, dass es gar nicht so schlecht wäre, wenn er dies doch könnte, denn
ein Liebesbrief schreibt sich nicht von alleine.
Also macht der Löwe sich auf eine abenteuerliche Reise und sucht unter den Tieren
jemanden, der dies für ihn übernimmt. Doch irgendwie passen alle Liebesbriefe nicht so
richtig, und am Ende muss er sich selbst überwinden, um seinem Schicksal die
gewünschte Richtung zu geben und das Herz der Dame für sich zu gewinnen.
Eine schöne Geschichte ist es, die das Stück „Vom Löwen, der nicht schreiben konnte“
erzählt: von Liebe, Mut, Selbstüberwindung und dem Willen, etwas Unbekanntes zu
erobern. Seine Premiere feierte das nach einem Buch von Martin Baltscheid von
Konstanze Kappenstein inszenierte Stück im Kuppelsaal der Thalia- Buchhandlung, der
zweiten Spielstätte des Jungen Theaters Bonn.
Gedacht ist es für Kinder ab vier Jahren, die die 60 Minuten, die dieses Stück dauert, in
vollen Zügen genießen dürften. Denn die Geschichte ist für diese Zielgruppe sehr
ansprechend und unterhaltsam in Szene gesetzt worden. Mit Sören Ergang und Julia
Röbke werden die beiden Figuren dieses Stücks zudem von zwei großartigen
Schauspielern verkörpert, die all ihr Können und Herzblut in die Waagschale werfen, um
die Quintessenz der Geschichte ebenso glaubhaft wie liebenswert zu transportieren.
Als wahres Multitalent erweist sich Röbke, die nicht nur die Löwendame spielt, sondern
auch Affe, Mistkäfer, Krokodil und allerlei anderem Getier Figur und Stimme leiht.
Hinreißend spielt auch Ergang, der den Löwen als sympathischen, letztlich nur allzu
„menschlichen“ Charakter mit all seinen Stärken und Schwächen portätiert.
Kinder und Erwachsene haben in dieser Inszenierung, die die räumlichen Gegebenheiten
des Kuppelsaales schön ausnutzt, viel zu lachen, dürfen mitfiebern, sich überraschen
lassen und sich am Ende mit Löwe und Löwendame freuen.
Und trotz der unübersehbaren Botschaft des ebenso gut unterhaltenden wie durchaus
lehrreichen Stückes bleibt der pädagogische Zeigefinger immer schön dort, wo er
hingehört: in der Versenkung.
Guido Krawinkel
General Anzeiger Bonn