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PARTY MIT TOTEM NEGER
Premiere 19. November 2006 | Kai Hensel | Staatstheater Darmstadt
Kammerspiele | in Kooperation mit der Hessischen Theaterakademie
REGIE BÜHNE & KOSTÜM DRAMATURGIE SUZANN SVEN DANIEL
Sven hört Kiezgeräusche. In einer Gegend für Ausgegrenzte lässt es sich der Augenarzt gut gehen. (...) So beginnt "Party mit totem Neger", ein STück von Kai Hensel, das nun in den Kammerspielen des Darmstädter Staatstheaters Premiere hatte. Ein weißes, von Franz Dittrich als Bildner auf die Bühne gebrachtes Rechteck markiert Svens alltäglichen Spielraum. Man hat sofort das Übliche vor Augen, auch wenn es in der Inszenierung von Konstanze Kappenstein nicht zu sehen ist. Tom Wild stellt Sven als lustvoll infantilen Joystick-Junkie mit geringer Köperspannung dar. (...) Ihm gegenüber besteht Daniel auf dem Recht des überlegenen Raubtiers. Klein und kompakt agiert Schuster so schwungvoll wie einst James Cagney. (...) Als Daniel steht er kurz vor dem Abflug nach Riad. (...) Vorher will er noch schnell mit Suzann in Svens Bett. Suzann kommt ihm dabei sehr entegegen. Sie träumt von einer Familie. (...) Sie will jetzt unbedingt "einfach mal irgendwas anfangen", und sei es "ein neues Leben", mit einem "heute Nacht gemachten Baby". In ihrer Verstörung mögen viele um die dreißig die eigene Spaltung zwischen Lust auf Halligalli und biederen Sehnsüchten gespiegelt sehen. Nicht zuletzt an dieser Stelle setzt sich der Eindruck durch, dass "Party mit totem Neger" ein - in Darmstadt prächtig inszeniertes - Dutzendstück ist. FRANKFURTER RUNDSCHAU
Konstanze Kappenstein Franz Dittrich Gudrun Schäfer Nadja Juretzka Tom Wild Stefan Schuster
(...) Doch der Satiriker Droste bleibt mit seinem Song weit hinter dem zurück, was Kai Hensel in seinem Stück "Party mit totem Neger" bitterböse hinter den Fassaden seiner netten Partyleute hervorzerrt. Zu später Stunde bekunden die drei feinen Freunde freimütig Rassismus in all seinen Spielarten (...) Hensel kennt seine Pappenheimer gut genug, um Chauvinismus, gnadenlose Ego-Trips und eine fatale Leere in den angeblichen Eerfolgsmenschen zu entlarven. Das tut er ziemlich gewaltsam, auch wenn sein schnelles Stück zuweilen vorgibt, es gebe etwas zu lachen dabei. Regisseurin Konstanze Kappenstein hingegen legt ab und an eine kleine Bremse ein, als hätte sie einen Hauch Mitleid: Mit den billigen Illusionen der vom Koks benebelten Suzann, die Haus, Mann und zwei Kinder will und sonst gar nichts. Mit Sven, der vielleicht sogar glaubt, ein Gutmensch zu sein und dennoch böse Spiele spielt. Und sogar mit Daniel, der die beiden anderen, jeden auf seine Weise, für seine eigenen Interessen benutzt. Anfangs kommen die Schauspieler dem starken Tobak des Stücks noch mit Übertreibung, doch das legen sie erfreulicherweise nach kurzer Zeit ab und gewinnen grausig-gute Figuren in der kühlen Wohnung, die Franz Dittrich gestaltet hat. Insofern hallt die Inszenierung durchaus nach: Man darf ein bißchen über die eigenen Abgründe nachdenken und über die der Gesellschaft sowieso. Die Übertreibung wirkt als Schutz, die Provokation amüsiert durchaus. Und außerdem legt Kappenstein mildernde Jazz-Standards unter das Stück, als federnden Teppich des Gefühls. Doch Vorsicht: Eine Beteuerung wie Doris Days "I'll never stop loving you" ist von diesen Knilchen nur als Lüge zu kriegen. FAZ, Eva-Maria Magel