4 MILLIONEN TÜREN
Premiere 7. Februar 2008 | Martin Heckmanns Thomas
Melle | Nationaltheater Mannheim
Das Arbeitslosenstück "4 Millionen Türen" von 2004 (...)
fügt sich in diesen Reigen des skizzenhaft Eiligen nahtlos
ein: Die Inszenierung der jungen Regisseurin Konstanze
Kappenstein geht, gestützt auf gerade mal vier Darsteller,
in eineinviertel Stunden über die Bühne.
Alles ganz leicht, alles wie beiläufig hingestellt - auch das
Bühnenbild. Monitore überall, und mitten auf dem
Spielareal erhebt sich ein aus Fertigteilen zu einem
trapezförmigen Raum zusammengestecktes Gerüst, in
dessen Öffnung Plastikplanen eingehängt sind. Drinnen
(...) ein weiterer Monitor - und die Dia-Projektion einer
Doppeltür, die zum Allerheiligsten führt: dem Chefzimmer.
Jobtraining, Bewerbungspacours: Der Aufgalopp der
Arbeitssuchenden in der Personalabteilung einer
Dienstleistungsunternehmens ist Gegenstand des
Stückes. Vier von vier Millionen Leuten ohne Job kommen
nacheinander ins Rampenlicht geschlenzt.
(...) Die Wartezeit wird überbrückt mit den üblichen
Spielchen - Spielchen, die das ganze Leben zu einem
einzigen Bewerbungsgespräch zu machen scheinen.
Bendt schwingt sich immer neu zum Boss auf, Ella züngelt
und lockt, findet sich plötzlich als Bendts willfährige
Lastenträgerin am Boden, versteht es aber auch, kalt und
eisenhart den Spieß umzudrehen - während Felix und
Ernst sich, schnipp, als Smalltalk-Weltmeister bewähren.
Und immer die zage Frage über allem: Stehen wir bereits
unter Beobachtungen? Läuft das Auswahlverfahren
schon?
Die Frage bleibt offen, auch wenn zwei Mädchen im
Vorschulalter mit pechschwarzen Pony-Frisuren als
groteske Abgesandte der Konzernführung solche
Vermutungen zu bestätigen scheinen. Eine unfrohe Party
beendet das schrille Treiben - und damit einen
Theaterabend, der ruhig noch ein bisschen länger hätte
dauern dürfen.
MAINSPITZE
Konstanze Kappenstein war gut beraten, in ihrer
Inszenierung im Mannheimer Werkhaus die komische
Oberfläche des Stückes zu betonen. In einem Kubus mit
Seitenausgängen lässt sie drei Männer und eine Frau
aufeinander los. Sven Prietz als Bewerber mit
Vergewaltiger-Potenzial wird der Schwerpunkt ihrer
Inszenierung. Um ihn kreisen Thorsten Danner als leicht
paranoider Warmduscher, Meridian Winterberg als Einser-
Psychologin mit Sex-Appeal und Tim Egloff als
geheimnisvoller Kotelettenträger. So wird es ganz
unterhaltsam: ein bisschen Wortwitz, ein bisschen
Slapstick, die Karierten gegen die Gestreiften, die
Führungstypen gegen die Teamplayer, und niemand zeigt
sich als der, der er wirklich ist.
Das ist ein falsches Leben im Falschen und deshalb kann
man das Stück natürlich auch als Metapher für unsere
gegenwärtige Selbst- und Weltverlorenheit sehen.
MEIER - DAS STADTMAGAZIN
REGIE
BÜHNE
KOSTÜM
DRAMATURGIE
ERNST STAIGER
BERNDT BRANDT
ELLA WESEL
FELIX BRENNER
Konstanze Kappenstein
Anke Niehammer
Janine Werthmann
Ingoh Brux
Thorsten Danner
Sven Prietz
Meridian Winterberg
Tim Egloff